Gemäss einer ETH-Studie1 erhöht eine kurze Reflexion über die eigenen Werte die beruflichen Erfolgschancen. Die Ergebnisse eines Online-Experiments deuten beispielsweise darauf hin, dass die Aussichten, innerhalb von vier Wochen einen Job zu finden, sich verdoppeln können.
Werte sind für mich persönlich schon sehr lange ein zentrales Thema, mit dem ich mich schon über 20 Jahre auseinandersetze. Einer meiner wichtigsten Wegbegleiter ist mir dabei Viktor Frankl, der für mich eine sehr stimmige Kategorisierung in schöpferische Werte, Erlebniswerte und Einstellungswerte vorgenommen hat. Für die Arbeit mit meinen Klienten habe ich noch eine weitere Kategorie, die materiellen Werte, mit aufgenommen. Später werde ich die Kategorien noch detaillierter beschreiben und aufzeigen, welche meiner Werte dieses Foto visualisiert.
Was sind Werte und woher kommen sie?
Werte sind Vorstellungen, Rahmenbedingungen, Einstellungen, Normen, Regeln und Glaubenssätze, die ein Mensch / ein Team / eine Organisation / eine Gesellschaft leiten. Sie sind Voraussetzung für ein funktionierendes Zusammenleben.
Persönliche Werte werden durch Erziehung, Bildung, individuelle Lebenserfahrungen, Krisen und Wendepunkte geprägt. Sie werden über Generationen von den Eltern oder anderen Bezugspersonen übernommen und können sich im Laufe des Lebens aufgrund geänderter Lebenssituationen wandeln. Sie spiegeln sich in der Kommunikation, im Verhalten sowie im Handeln und Entscheiden wieder.
In (Arbeits-)Beziehungen sind unterschiedliche Wertvorstellungen die häufigste Ursache für Konflikte und Trennungen. Dauerhaft entgegen den persönlichen Werten zu leben und zu handeln, kommt einer Selbstsabotage gleich und boykottiert langfristig die eigene Gesundheit. Umgekehrt sind Menschen, die konsequent nach ihren Werten handeln, um ein Vielfaches entscheidungsfreudiger, erfolgreicher und glücklicher.
Je besser die eigenen Werte und Einstellungen in (Arbeits-)Beziehungen und Gruppen zusammenpassen und eine gemeinsame Basis bilden, umso nachhaltiger gestalten sich diese Beziehungen. Darum lohnt es sich, die eigenen Werte und Einstellungen zu kennen und ein Umfeld zu schaffen, welches diese Vorstellungen teilt.
Beispiele
Eine kleine Auswahl von Werten:
| Ehrlichkeit | Challenge | Selbstverwirklichung | Harmonie |
| Sicherheit | Status | Einfluss | Entwicklug |
| Freiheit | Spass | Leidenschaft | Sparsamkeit |
| Zufriedenheit | Geld | Anpassung | Anerkennung |
| Kollegialität | Zugehörigkeit | Macht | Humor |
| Nachhaltigkeit | Sinn | Unabhängigkeit | Genuss |
| Zukunft | Gerechtigkeit | Erfolg | Struktur |
| Tradition | Freude | Abenteuer | Wohlwollen |
Beim Anblick dieser Begriffe wirst du bei dem einen oder anderen Wert zustimmen, weil er irgendwie zu dir gehört.
Ziel der Wertearbeit ist, die eigenen Werte zu definieren und diese in Hierarchie zu bringen. Dazu beschreibst du deine Werte im ersten Schritt mit eigenen Worten:
Was bedeutet dieser Wert für dich und wie zeigt sich dieser in deinen Interaktionen, deinem Verhalten und deinen Entscheidungen?
Nicht jeder versteht dasselbe unter den gleichen Begriffen. Beim Beschreiben entstehen manchmal Oberbegriffe, die mehrere Werte zusammenfassen.
Die Reduktion auf wenige Werte vereinfacht die Priorisierung. Kannst du deine Werte auf maximal 3-7 Begriffe reduzieren und in eine Hierarchie bringen?
Kategorien
Wenn ich mit meinen Klienten über die Wertepriorisierung spreche, kommt es vor, dass mehrere Werte gleich wichtig sind und sich kein Überbegriff finden lässt. In diesem Fall bringe ich die Kategorien ins Spiel.
Werte unterschiedlicher Kategorien lassen sich nicht gut in eine Hierarchie bringen. Wenn beispielsweise Kreativität, Sport und Grosszügigkeit unverhandelbare Werte für dich sind, dann können diese nebeneinander stehen bleiben, da man sie verschiedenen Kategorien zuordnen kann.
Schöpferische Werte
Dies beschreibt das Erleben eines Sinnes durch die Erschaffung von etwas Neuem. Dies kann sowohl die kreative und materielle Gestaltung beinhalten als auch eine Idee in ein Produkt umzusetzen. Durch das eigene Handeln entsteht ein schöpferischer Wert für die Person.
Beispiele: Konzeptentwicklung, Ästhetik, Innovation umsetzen, Bild malen, Lehrgang konzipieren
Erlebniswerte
Hierzu gehören die als sinnvoll und wertvoll empfundenen Erlebnisse und Eindrücke, welche von aussen auf die Person einwirken.
Beispiele: Wahrnehmung der Natur, Spaziergang, Kaltbaden, Konzertbesuch, Sport
Einstellungswerte
Hier geht es um die Haltung zu Dingen, Situationen oder Ereignissen, die man nicht ändern kann. Ein Sinn kann darin gefunden werden, schwierige Ereignisse ganz bewusst zu akzeptieren und beispielsweise daraus ein persönliches Wachstum oder eine Entwicklungsperspektive zu entdecken.
Beispiele: Optimismus, Akzeptanz, Dankbarkeit
Verhaltenswerte
Verhaltenswerte beschreiben die Handlungen, welche in Interaktionen, in der Kommunikation und im Umgang mit anderen und sich selbst sichtbar werden.
Beispiele: Wertschätzung, Toleranz, Loyalität, Miteinander, Fairness, Grosszügigkeit
Materielle Werte
Werte, die erwirtschaftet werden und ökonomisch messbar sind oder auch Dinge, die einen ideellen Wert besitzen.
Beispiele: Haus, Auto, Schmuck, Mode, Uhr, Instrument, Erbstück
Wertewirkung und Umgang
Nachdem du deine wichtigsten Werte definiert und in eine Hierarchie gebracht hast, stellt sich die Frage, wie damit umgehen? Reflexion über Werte alleine reicht meiner Ansicht noch nicht ganz, um das eigene Leben bewusst danach ausrichten zu können. Darum stelle ich meinen Klienten gerne noch tiefergehende Fragen zur Wirkung ihrer Werte und wie sie in Zukunft damit umgehen.
Abwertungen
Welche Abwertungen und welches damit verbundene Konfliktpotential mit deinem Umfeld steckt in deinen Werten?
Beispielsweise kann deine Grosszügigkeit auch als Verschwenderisch abgewertet werden. Jemand, dem Sparsamkeit wichtig ist, könnte sich darüber ärgern, wie du mit den Ressourcen umgehst.
Interne Konflikte
Welche eigenen Wertekonflikte können entstehen?
Mit dem Wert Unabhängigkeit könnte man schnell als sozial unverträglich abgestempelt werden, da dieser Wert abgrenzend wirken kann. Wenn man gleichzeitig Zugehörigkeit als hohen Wert bezeichnet, wird es zu Situationen kommen, wo man mit sich selber hadert: „Soll ich alleine zu diesem Event fahren, dann bin ich unabhängig und kann jederzeit nach Hause oder lieber mit den anderen mitfahren, dann fühle ich mich mehr zugehörig und die anderen finden mich nicht asozial?“. Grosse Lebensentscheidungen können schnell in Grübeleien ausufern. Hier hilft es, wenn man sich der eigenen Werte und internen Konflikte bewusst ist und eine Balance findet.
Loslassen und in Einklang bringen
Welche Werte hast du mal übernommen, die du überdenken oder von denen du dich verabschieden willst?
Manchmal machen übernommene Werte keinen Sinn mehr oder sie boykottieren dich im Vorankommen. Beispielsweise kann deine dir wichtige Unabhängigkeit durch die Gründung einer Familie tief erschüttert werden. Vielleicht wird sich deine Wertehierarchie dadurch automatisch und unbewusst verändern und Stabilität oder Sicherheit rücken weiter nach oben. Dennoch wird der Wunsch nach Unabhängigkeit weiter im Unterbewusstsein existieren und könnte zum Auslöser für Stress werden. Hilfreich ist dann, wenn man sich bewusst für eine neue Definition entscheidet: „Ich werde mir weiterhin Freiheiten nehmen und dafür sorgen, dass meine Kinder in ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden“.
Beruf und Privatleben ausrichten
Was kannst du tun, um dein Handeln und Verhalten noch mehr an deinen Werten auszurichten?
Für welche deiner Werte bist du bereit, in den Konflikt zu gehen, um für sie einzustehen?
Je bewusster du deine Entscheidungen und dein Handeln auf deine Werte abstimmst, umso weniger verbiegst du dich. Wenn du für deine Werte einstehst, bist du authentisch, glaubwürdig und letztendlich erfolgreicher und glücklicher.
Hilfsmittel
Mithilfe des Werte- und Entwicklungsquadrats (Schulz von Thun) können die eigenen Werte gut reflektiert werden. Es visualisiert, welcher positiver Gegenwert (Tugend B) dem eigenen Wert (Tugend A) gegenüber steht und wie jeweils die entwertende Übertreibung lautet. Tugend B können wir als Entwicklungsrichtung verstehen.
Wenn du es schaffst, ein positives Spannungsverhältnis zwischen deinem starken Wert und dem positiven Gegenwert aufzubauen, gelingt dir ein besseres Verständnis für Personen, denen dieser Gegenwert besonders wichtig ist.
Dieses Hilfsmittel eignet sich übrigens auch sehr gut für eine Erarbeitung von gemeinsamen Werten oder die Bearbeitung von Konflikten in Teams und Systemen.


Bei einigen Werten kann es vielleicht etwas knifflig werden, einen entsprechenden positiven Gegenwert und die Übertreibung zu finden.
Als Ideenspender nutze ich dann sehr gerne ChatGPT, Promt:
Prompt: wie sieht das werte- und entwicklungsquadrat zum wert kreativ aus?
Findest du eine Balance (positives Spannungsverhältnis) zwischen deinen eigenen starken Werten und deren Gegenwerte?
Beispiel
Wie versprochen, greife ich nun das Foto dieses Artikels auf, um das Thema Werte anschaulicher zu machen.
Welche meiner Werte kann man in dieser Aufnahme erkennen?

Zentrale Werte, die mich durch’s Leben begleiten, sind:
Erlebniswerte
Bewegung, Natur, Genuss
Ein Tag ohne Bewegung macht mich sozial weniger umgänglich. Natur tankt mich auf und der Genuss ist mir im privaten Kontext wichtiger als Leistung. Darum habe ich auch Walk & Talk in meine Arbeit mit meinen Klienten integriert, so kann ich Leistung und Genuss in der Natur in Bewegung kombinieren.
Wertekonflikte entstehen dann, wenn ein oder mehrere Tage Bewegungsmangel angezeigt sind, z.B. bei ganztägigen Workshops schliesse ich mich nicht gerne der Lunchgruppe an, weil mein Drang nach Bewegung höher ist als der Genuss am Essen und der Austausch mit der Gruppe. Ich habe damit interne Konflikte und durch die Abgrenzung können sich auch externe Konflikte entwickeln, Stichwort Gruppendruck. Mein Umgang damit? Ich spreche meine Bedürfnisse und mein Dilemma an. Meistens finde ich dann noch 1-2 Personen, die auch Lust auf ein paar Schritte haben.
Eine Übertreibung von Genuss kann zur Masslosigkeit bis hin zur Sucht führen. Eine Entwicklungsrichtung wäre die Selbstkontrolle und Fähigkeit, Versuchungen zu widerstehen. Das kommt mir sehr bekannt vor: Diejenigen, die mich gut kennen, wissen schon, dass ich beim Sporteln gerne mal ein, zwei Extraschlaufen einlege.
Verhaltenswerte
Unabhängigkeit, Miteinander, Spontanität
Ich geniesse es, mich aus eigener Kraft (ja, ich bin noch e-befreit!) von A nach B zu bewegen, gerne auch mit einigen hm. Das gibt mir ein tolles Gefühl der Unabhängigkeit. Auch wenn mir das Miteinander sehr viel mehr Spass macht, bin ich jederzeit auch bereit, alleine auf’s Rad zu steigen. Wenn ich unabhängig bin, kann ich spontan die Route ändern. Grundsätzlich brauche ich eine lange Leine. Im Job und auch Privat.
Interne Wertekonflikte habe ich manchmal durch meine gegensätzlichen Werte Unabhängigkeit und Miteinander. In Situationen, in denen ich mich für die Unabhängigkeit entscheide, grenze ich mich ab. Damit nehme ich in Kauf, als egoistisch abgewertet zu werden. Ein Beispiel dazu habe ich bereits weiter oben beschrieben.
Einstellungswerte
Akzeptanz, Optimismus, Dankbarkeit
Akzeptanz: Dinge, die ich nicht verändern kann oder die den Aufwand nicht wert sind, nehme ich so, wie sie sind. Ich bin beispielsweise nicht mehr in derselben physischen Fitness wie in den 30ern. Um meine geistige Form sieht’s besser aus, da ich ein Lern-Junkie bin (das ist übrigens auch einer meiner höchsten Werte: Entwickeln).
Optimismus: Auf dem Foto nicht zu sehen, doch ich nehme beim Graveln nie eine Luftpumpe mit…
Dankbarkeit: Ich hatte noch nie mit dem Gravelbike einen Platten (einer der Gründe, mich vom Rennrad zu verabschieden!).
Die abwertende Übertreibung von Akzeptanz wäre Gleichgültigkeit, die dazu führen kann, in eine Passivität, Hilflosigkeit oder Opferrolle zu fallen und eine Veränderung erst gar nicht zu versuchen.
Schöpferische Werte
Ästhetik, Kreativität
Mein Top passt zum Bike, ist nicht immer so. Ästhetik ist ein sehr wichtiger Wert für mich, z.B. bin ich in ästhetisch ansprechenden Räumen besser im Flow und deutlich kreativer. Das spiegelt sich für meine Klienten wieder: Meine Coachings finden in schönen Umgebungen statt, egal ob Indoor oder Outdoor (hier ein paar Beispiele).
In der Übertreibung kann ein übermässiges Streben nach Ästhetik zu Oberflächlichkeit, Eitelkeit und Mangel an Tiefe führen, wenn diese über andere Lebensbereiche gestellt werden. Mein Bedürfnis nach Ästhetik lässt sich nicht in jeder Situation erfüllen, meine Akzeptanz mein Pragmatismus und der Fokus auf Funktionalität helfen darüber hinweg.
Materielle Werte
Sportausrüstung, Schmuck
Für ein qualitativ hochwertiges und nachhaltiges Equipment bin ich bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen, obwohl ich mir selber gegenüber manchmal geizig bin (bemerkt? Geizig ist die abwertende Übertreibung von Sparsamkeit). Bei Schmuck ist mir eigentlich das Materielle weniger bedeutsam als der emotionale Wert, der ein Schmuckstück (Ehering) für mich hat.
➡️ Ein persönliches Foto kann sehr viel über die Werte einer Person aussagen. Aber Achtung: Die Interpretation eines Wertes liegt ganz allein in der Bedeutung, welche du ihm gibst. Du solltest daher deine persönlichen Werte immer noch mit deinen eigenen Worten beschreiben. Darum sagen Werte auf Websites von Organisationen rein gar nichts darüber aus, wie diese gemeint sind und schon gar nicht, wie diese im Unternehmen gelebt werden.
Dein persönliches Wertebewusstsein ist eine wichtige Komponente, um mithilfe von Job Crafting eine bessere Übereinstimmung zwischen deinen individuellen Bedürfnissen und den Anforderungen deiner Arbeit und Organisation zu bewirken.
Willst du mehr über deine eigenen Werte erfahren? Drei Dinge, bei denen ich Dich sofort unterstützen kann (individuell auf Dich zugeschnitten):
- Analyse deiner Wertelandschaft
- Deine Wertekonflikte erkennen und Wege für den Umgang damit finden
- Erarbeiten einer Werte-Handlungsmatrix für ein erfülltes Berufs- und Privatleben
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